Verwaltungsbezirk | Burglesum |
Ortsteil | Lesum |
Postleitzahl | 28717 |
Querstraßen | Am Meisenacker Dorfstraße Freesenkamp Habichthorster Weg Hindenburgstraße Lesumer Heerstraße Louis-Seegelken-Straße Peenemünder Straße Treptower Straße Vor dem Heisterbusch |
Straßentyp | Verbindungsstraße, Zubringer zur A270 / Teilabschnitt im Verlauf der B74 (umgangssprachlich auch Lesumer Schnellweg genannt) |
Straßenlänge | rund 875 Meter |
Während der Blütemonate des Rotdorns verleiht der Sonnenschein dem leuchtenden Rot der Bäume im Frühjahr ein ganz besonderes Farbspiel und einen sehr speziellen Charme. Beim Entlangradeln der Rotdornallee frage ich mich manchmal, ob die Straße den Namen ob der Bäume bekommen hat oder die Bäume passend zum Straßennamen gepflanzt wurden. Der so herrlich rot blühende Rotdorn ist im Allgemeinen als Zierholz in Gärten und an Straßen sehr beliebt.
Und doch werden die namensprägenden Bäume wohl bald vollständig aus dem Straßenbild verschwunden sein. Ein aggressiver Pilz macht den Pflanzen schwer zu schaffen. Auch ein Bodenaustausch würde das Problem, dass sich durch die tendenziell trockeneren Sommer und verhältnismäßig kleinen Pflanzkreise noch verstärkt, wohl nicht beheben. Vor zwei Jahren mussten bereits 14 Bäume gefällt werden. Für die Ersatzbepflanzung wird darauf Wert gelegt, dass diese die längeren und heißeren Klima- und Trockenperioden besser verkraften können. Immerhin, durch eine rote Herbstfärbung (Amberbaum), rotes Holz oder rote Blüten bzw. Früchte (Judasbaum, Kornelkirsche) soll der besondere Farb-Charakter erhalten bleiben.
Doch der Reihe nach: Der ursprüngliche Teil der Rotdornallee zwischen Lesumer Heerstraße und Treptower Straße wurde 1939 in Luisenstraße umbenannt, zwanzig Jahre später erhielt sie wieder ihren ursprünglichen Namen. Gleichzeitig wurde sie nach Norden über die Treptower Straße hinaus Richtung Platjenwerbe verlängert. Neue Wohngebiete entstanden rechts und links der Straße. Die ursprüngliche Verbindung nach Platjenwerbe, der Platjenwerber Weg, wurde mehr und mehr zu einem kleinen Nebenweg. Wahrscheinlich sehr zur Freude seiner dortigen Anwohner:innen.

Dieser Ausbau durchschnitt dabei das Areal der damaligen Lesumer Kaserne. Als kleines, jedoch prägendes Bauwerk galt bis ins Jahr 2015 ein kleiner, eher unscheinbarer Flachdachbau an der Ecke Freesenkamp. Ein Überbleibsel des früheren militärischen Quartiers. In den Kriegsjahren diente dieser als Leitstelle der Flugabwehr der Lesumer Kaserne. Im zweiten Weltkrieg wurden hier stationär installierte Flugabwehrkanonen genutzt, um feindliche Flugzeuge abzuschießen. Nach dem Krieg und dem Rückbau der Kaserne wurde das Gebäude als Wohnhaus umgebaut. 2015 musste das alte Gebäude an besagter Stelle einem Doppelhaus weichen.

Beim Ausbau des Straßenverlaufs der Rotdornallee sowie der Parallelstraße und früheren Hauptverbindungsweges nach Platjenwerbe, dem bereits benannten Platjenwerber Weg, wurden alte Grabstellen und Relikte vergangener Kulturen entdeckt. Die weiteren Ausgrabungen unter der Leitung des Archäologen Karl Heinz Brand förderten antike Keramiken, zwei Kochstellen und Steinpflasterungen einer alten Siedlung zutage. Urnenfunde lassen auf einen historischen Friedhof aus der Zeit um 400 v. Christi Geburt in einem Areal zwischen der heuteigen Zufahrt zum Friedehorst-Areal und dem Platjenwerber Weg schließen.
Der Rotdorn beschreibt den Straßennamen sehr trefflich und dennoch waren es eine Buche und eine Eiche, die an den jeweiligen Enden der Rotdornallee Bürgerinnen und Bürger zum Erhalt von deutlich älter als 100 Jahre alten Bäumen auf den Plan riefen. An der Straßenecke zur Louis-Seegelken-Straße wurde im Mai 1982 eine von zwei alten Buchen gefällt. Diese war krank und damit umsturzgefährdet. Beide Buchen wurden in der Liste der Naturdenkmäler geführt. Bis zum Jahr 2015, seitdem weist das Bundesland Bremen keine Naturdenkmäler mehr aus. Übrigens ein Alleinstellungsmerkmal im Vergleich aller Bundesländer. Der zweiten Buche wurde eine weitere Lebensdauer von 10 Jahren.
Fünf Jahre zuvor, 1977, konnte durch die Initiative von Anwohnern eine Buche an der Ecke zur Lesumer Heerstraße nach hartem Kampf erfolgreich gerettet werden.

Zuvor hatten noch das Amt für Straßen- und Brückenbau Vorschläge zur neu geplanten Verkehrsführung vorgelegt.
Zur Aufnahme des Verlaufs der neuen Bus-Streckenführung war eine Verbreiterung der Fahrbahn um einen Meter auf 7,30 Meter sowie den beidseitigen Bau von Rad- und Fußwegen vorgesehen. Anwohner sorgten sich sehr wegen des erwarteten zunehmenden PKW- wie auch des schweren Lastverkehrs. Im Fokus der Planung stand für Anwohner jedoch die mehr als 100 Jahre alte Buche, die es aus ihrer Sicht zu erhalten galt. Der Lesumer Beirat sprach sich dafür aus, den Baum fällen zu lassen und damit von einem notwenigen Übel der Ausbauplanung. Man müsste in den sauren Apfel beißen, damit die Busse in angemessenerem Winkel die Kurve befahren könnten.
Dennoch, der Baum wurde gerettet und beim Umbau der Kreuzungsanlage 1977 durch eine Verkehrsinsel vor dem Straßenverkehr geschützt. Die Straßenführung wurde so gelegt, dass Gelenkbusse dennoch die Abzweigung aus Richtung Vegesack kommend in die Rotdornallee gut bewältigen konnten. Allerdings wurde die Buche krank, der Stamm zunehmend hohl und später durch einen Verkehrsunfall zusätzlich stark geschädigt. Die Verletzung führte zu Fäulnisbildung am Stamm, so dass die Wandstärke im Jahr 2008 lediglich 20 cm betrug. Dennoch dauerte es noch weitere 1 ¾ Jahre, bis die Buche im November 2009 tatsächlich gefällt wurde.
Anwohner, die sich auf kostengünstiges Kaminholz gefreut hatten und bereits mit Schubkarren bereitstanden, schauten in die Röhre. 50 Kubikmeter Holz wurden, nach einem Bericht der Norddeutschen, zu einem Blockheizkraftwerk im Emsland gekarrt und dort verbrannt.
Mit dem Ausbau der Bundestraße 74 (B 74) zur Schnellstraße und dem damit verbundenen Einrichtung der Anschlussstelle an der Rotdornallee, mussten 1977 viele weitere Bäume abgeholzt werden, darunter auch fünf Rotdorn-Bäume. Insgesamt sollen in Summe 500 neue Bäume gepflanzt worden sein. Das sind deutlich mehr als gefällt worden sind. Diese Ersatzbepflanzungen erfolgten in Grohn, im Verlauf der angelegten Böschungen und in der Bewaldung von durch die Trasse entstandenen Lichtungen im Verhältnis von drei zu eins.
Außerdem fielen einige Wohnhäuser dem neu zu bauenden Lesumer Schnellweg zum Opfer. So zum Beispiel die Wohnhäuser der Familie Bäumer (früher Louisenstraße 23) sowie der Familie Wencke (früher Louisenstraße 14). Kurios: Das Haus des Zahnarztes Hermsdorf wurde 1952 auf Höhe der bereits geplanten Schnellstraßentrasse gebaut. Es musste nur 18 Jahre später dem Ausbau der neuen Bundesstraße wieder weichen.
Der Bau der Überführung der Rotdornallee über den Lesumer Schnellweg sowie die Einrichtung der Auf- und Abfahrten in bzw. aus alle vier Richtungen war seinerzeit das aufwendigste Teilprojekt des Trassenneubaus. Die Zeitung wusste seinerzeit hierzu zu berichten: „Das Überführungsbauwerk ist eine auf sogenannten Schlitzwänden gegründete Spannbetonplatten-Brücke. Zwischen den Stützwänden liegen rund 500 Meter, die Breite beträgt 22,70 Meter. In Summe wurden 500 Quadratmeter Schlitzwand, 1.100 Kubikmeter Stahlbeton und 400 Kubikmeter Spannbeton verbaut.“
Auch Geschäfte befanden und befinden sich an der Allee. So zum Beispiel die Rotdornapotheke. Diese wurde 1961 von dem Apotheker Paul Raders gegründet und befand sich noch im Haus mit der Hausnummer 45. Sohn Axel führte die Apotheke nach dem Tod seines Vaters 1973 weiter. 1982 erfolgte der Umzug in den Neubau, Rotdornallee 55. Apotheker Henner Buts übernahm das Geschäft 1998. Sieben Jahre später wurde der Laden umfangreich umgebaut und modernisiert.
In der früheren Apotheke, Rotdornallee 45, residiert heute ein Restaurant, davor die Küchenzeile und ehemals der Lebensmittelladen der Eheleute Becker.
Viele Geschichten um eine einzelne Straße, hoffen wir, dass die bereits neu gepflanzten und auch die noch zu pflanzenden Bäume der Straße auch zukünftig einen eigenen Charakter bewahren.
Erschienen in: Lesumer Bote Nr. 121
Quellen:
Die Norddeutsche, Zahl der Fällungen stark gestiegen, 08.03.2021
Nord-Kurier, Gesamtbauzeit: zweieinhalb Jahre, 20.03.1978
Nord-Kurier, Frühgermanische Siedlung in Lesum entdeckt, Veröffentlichung unklar
Porsch M (2000). Bremer Straßenlexikon, Band 11, Burglesum, Grohn. Bremen: Verein Freizeit 2000 e.V.
Homepage der Rotdorn-Apotheke, https://www.rotdornapotheke.de/%C3%BCber-uns/, abgefragt am 13.12.2023