Verwaltungsbezirk | Vegesack |
Ortsteil | Grohn |
Postleitzahl | 28759 |
Querstraßen | Karl-Hohmann-Straße Loggerstraße Tiedemannstraße |
Straßentyp | Anliegerstraße |
Straßenlänge | rund 150 Meter |
Heute verirren wir uns einmal in den Speckgürtel unseres Stadtteils. Sie mögen mir diesen kleinen Ausflug verzeihen und hoffentlich mit interessanten Informationen entschädigt werden.
Was haben der durch den Beginn der Corona-Krise bekannt gewordene Ort Heinsberg im Rheinland und der Stadtteil Vegesack gemeinsam? Richtig, es hat etwas mit Straßen zu tun: Nur in diesen beiden Orten in Deutschland gibt es eine Sootstraße.

Für das Wort Soot (oder auch Sood oder Sod) gibt es im Niederdeutschen gleich mehrere Bedeutungen. Es bezeichnet zum einen eine Sode, zum Beispiel eine Grassode, also ein ausgestochenes Stück Rasen. Auch die als Sud bekannte Flüssigkeit, die beim Auskochen von Gemüse entsteht, kann hier gemeint sein.
Im Falle unseres Straßennamens wird jedoch die Bedeutung „Brunnen“ (althochdeutsch gleichbedeutend mit brunno) sein. Die Straße hieß früher wohl auch Brunnenstraße.
Soot meint also Brunnen oder Ziehbrunnen. Auch Sammelbecken oder Zisternen des Dachflächen-Regenwassers von auf Warften gelegenen Häusern wurden oder werden so bezeichnet. Noch bis in die 1970er Jahre wurde auf diese Weise die Trinkwasserversorgung auf einigen Halligen sichergestellt.
Die plattdeutsche Bezeichnung für den Brunnen war in der nördlichen Hälfte Deutschland unterschiedlich. Zwischen dem westlichen Nordrhein-Westfalen sprach man von Pütte, Pötte Pütt oder Pütz. Weiter östlich bis Brandenburg von Soot, Ssoot, Soout, Seoot, Ssäot, Saut und Ssauut. Born und Borm war der Begriff zwischen Elbe und Hannover und im großräumigen Umland von Kassel sagte man Winne-Born oder auch Winge-Born. So illustrierte es Dr. Wilhelm Peßler sehr ausführlich im Jahre 1925.
Zentrale Sodbrunnen, meist in der Mitte eines Dorfes oder Ortschaft gelegen, waren früher die verbreitetste Art der Wasserversorgung. Lange Baumstämme fungierten als große Wippen (Soodwippen) und ermöglichten eine (relativ) leichte Erreichbarkeit der kostbaren Flüssigkeit.
Später wurden immer mehr Handpumpen im Rahmen der zentralen Wasserversorgung eingesetzt.
„Grohn braucht ein neues Kanalsystem“ hieß es 1954 im Weser-Kurier. Auch wenn hier ein ganzer Ortsteil angesprochen war, wird in diesem Artikel doch speziell auf den heutigen Hauptdarsteller unserer Straßenserie hingewiesen: „‘In der Sootstraße fließt Soot‘, meinte ein Mitglied des Bauausschusses beim Ortsamt Vegesack während einer Straßenbesichtigung in Grohn. Die kleineren Wohnstraßen zwischen Friedrich-Humbert-Straße und Lesumufer sind fast ausnahmslos ohne Kanalisation und denkbar schlecht befestigt. Teilweise wird hier noch wie im Mittelalter das Spülwasser in eine rinnsteinähnliche Furche gegossen und läuft dem Nachbarn in die Haustür. Einstimmig war der Ausschuß der Meinung, daß mit Polizeimaßnahmen hier nichts ausgerichtet werden könnte, weil weder Regen- noch Schmutzwasserkanäle vorhanden seien und vereinzelt hinter den Häusern sogar die Sickergruben fehlten.“ Wenn auch im Erscheinungsjahr dieses Artikels noch die Mittel für die offenkundig notwendigen Kanalbauarbeiten fehlten, so ist zumindest dieser Umstand heute behoben.
Verbreitung findet der Begriff Soot auch in verschiedenen Sprichwörtern.
„Dat is ’n slechten Soot, wo ’n Water hindregen mutt.“ Das ist ein schlechter Brunnen, zu dem man das Wasser hintragen muss. Angesprochen wird hier ein im übertragenen Sinne erfolgloser Mensch.
Es muss erst etwas passieren, damit eine Gefahrenquelle beseitigt wird. In der Zwischenzeit wird diese akzeptiert oder gar verharmlost. Den dazugehörenden Sinnspruch kennen wir alle: „Wenn das Kind erst in den Brunnen gefallen ist, wird er dicht gemacht.“ Oder auch: „Wenn dat Kind versapen is, warrt de Soot dichtmaakt.“
Zum Abschluss noch diese Bauernregel: „Avendroot gifft Water in ’n Soot.“ Abendrot bringt Wasser in den Brunnen. Wenn also ein schönes Abendrot zu sehen ist, wird es am darauffolgenden Tag regnen. Aber Moment – den Spruch kenne ich auch anders. Heißt es nicht: „Abendrot – gut Wetterbot.“ Laut Wikipedia liegt hierin tatsächlich auch etwas mehr Wahrheit. Kurz erklärt: Verursacht wird die Rotfärbung des Himmels insbesondere durch die Streuung von kleinsten Partikeln in der Atmosphäre. Die Abendsonne lässt die Luftpartikel jedoch nur dann rot erscheinen, wenn das Sonnenlicht nicht durch Wolken behindert wird. Die Wahrscheinlichkeit für einen wolkenlosen Himmel ist somit zumindest für die nächsten zwölf Stunden sehr hoch. Dies sollte uns dann also gutes Wetter bescheren.
Erschienen in: Lesumer Bote Nr. 120
Quellen:
Porsch M (2000). Bremer Straßenlexikon, Band 11, Burglesum, Grohn. Bremen: Verein Freizeit 2000 e.V.
Weser-Kurier, Grohn braucht neues Kanalsystem, 07.05.1954
Wikipedia (2022). Sood, https://de.wikipedia.org/wiki/Sood, zuletzt abgefragt 23.09.2022.
Wiktionary (2022). Soodbrunnen, https://de.wiktionary.org/wiki/Sodbrunnen, zuletzt abgefragt 23.09.2022.
Abbildung: https://www.seelze.de/wissenswert/stadtgeschichte/die-ortswappen, aufgerufen am 23.09.2022 Aus: Wilhelm Bomann. Bäuerliches Hauswesen und Tagewerk im alten Niedersachsen, 1927/1933.
Dr. Wilhelm Peßler (1925). Der niedersächsische Kulturkreis, Niedersächsische Verlagsgesellschaft m.b.H., Hannover